Kurzfassung der Diplomarbeit: (die vollständige Fassung ist in der Bibliothek der Universität f. Angewandte Kunst/Wien/ oder auf Anfrage erhältlich)

Decodieren des Businessdresscodes


Dresscode-web

Das Schneiderhandwerk

Der Anzug als Rüstung: Der Beruf des Kleidermachers war lange Zeit ein ausschließlich von Männern ausgeführtes Handwerk, Frauen erstellten in wenig angesehner Heimarbeit Unterwäsche, Spitzen und Ausbesserungsarbeiten, beziehungsweise Hilfsdienste in den Schneiderwerkstätten. Das Schnittzeichnen und Verarbeiten von Wattierungen und Absteifungen war nur Männern vorbehalten, denn das Handwerk  geht aus dem Rüstungsschmieden hervor. Schneiderrei als Frauendomäne?: Ab 1675 aber errichte eine Gruppe von Schneiderhelferinnen bei Ludwig XIV die Gründung einer eigenen, auf Damenbekleidung spezialisierten, Schneiderinnenzunft. Sie waren aber zunächst trotzdem darauf beschränkt das Grundgerüst, Korsett und Reifrock, zu verzieren,  Schnittzeichen  konnten sie ja nicht.
Daraus resultiert auch der in der Rokokobekleidung populäre Beruf der Putzmacherin, die schließlich den Einfluss hatten zu bestimmen welche Art des Schmuckes en vogue war. Später übernahmen Frauen auch die Damenschneiderei an sich. Männer schneiderten aber weiter wie gehabt  für Männer und konzentrierten sich weitgehend auf den Schnitt und die Silhouette, wie es bis heute bei den traditionsreichen Herrenausstattern  in England der Fall ist. Die Damenschneiderei lag 150 Jahre nahezu ausschließlich in Händen der Frau, trotzdem hat sie sich in diesen vielen Jahren nicht vom Korsett gelöst und blieb auch weiterhin, durch die Verwendung des bodenlangen Rockes, ein Wesen ohne Unterleib. Wohl auch durch die Versagung der Zugänglichkeit zu fundierter Bildung fügt sich die Frau auch optisch in die gesellschaftlich vorgesehen Rolle der Repräsentation und Erfüllung der häuslichen Pflichten.
Mode als Kunst: Erst mit dem Auftauchen von  Charles Frederik Worth (1826-1895) wurde die Damenmode wieder von den Männern übernommen und mit der Haut Couture ein weibliches Äquivalent zur Herrenschneiderei geschaffen. Worth war wohlgemerkt ein Engländer und hatte die englische Schneidertradition perfekt beherrscht. Als Männer sich das Schneiderhandwerk der Frauenmode wieder zurückeroberten und mit Poiret oder Balenciaga das heutige Bild des Modedesigners schufen regte sich unter den Frauen Unmut über das Modediktat der Männer. Die Emanzipationsbewegung war erstarkt und gleichzeitig das Modediktat von Christian Dior auf die Spitze getrieben, der noch immer der alten Modesilhouette verhaftet war. Das bereitete den Weg für den grandiosen Erfolg einer hoch gebildeten Frau, Coco Chanel. Sie verstand es die Elemente der etablierten männlichen Businessbekleidung in feminine Formen zu übersetzen. Chanels Einfluss: Es wäre vermessen Chanel die alleinige Verantwortung für die modische Emanzipation zukommen zu lassen. Die Frauenmode hatte schon in den zwanziger Jahren eine weit gehende Loslösung von dem Korsett gebracht. Die dünnen Stoffe der „Hängerkleidchen“ umspielten den, aus dem Korsett befreiten, Körper der Frau. Das wurde aber deshalb möglich und akzeptiert, weil sich das Schönheitsideal geändert hatte. Als die Frauen vor dem verstärkten Auftreten der Emanzipation noch auf Haushalt und vor allem Fruchtbarkeit reduziert wurden, waren weibliche Rundungen und deren modische Übersteigerung nachvollziehbar. In den zwanziger Jahren aber drängten sie immer mehr in die Bereiche der Männer und so entstand als Angleichung sozusagen das androgyne Schönheitsideal. Je schlanker eine Frau ist desto kantiger erscheint ihr Körper und gleicht sich damit optisch dem eines Mannes stärker an.

Über die Schlichtkeit der Businessbekleidung

Der Kalvinismus als Wurzel: Die Lehre Calvins kann als einer der Grundsäulen unseres kapitalistischen Denkens, interpretiert werden: Jean Calvin glaubte an die Prädestination, die Schicksalsfestlegung. Gott hat von Beginn an vorherbestimmt welche Menschen erlöst und welche verdammt sein werden. Besondersgottesfürchtiges, tugendhaftes Verhalten galt als Zeichen dafür auserwählt für die Erlösung zu sein. Jeder wollte diese Zeichen an sich erkennen und verhielt sich dementsprechend. Entsagung der Vergnügungen, wie Theater und Tanz, sowie Eitelkeiten und jegliche Art der Übertreibung waren verpönt. Die Zeit, die einem von Gott gegeben wurde, stattdessen für sinnvolle Arbeit zu nutzen, deutete dagegen darauf hin auserwählt zu sein. Wenn sich durch die Arbeit auch das Geld vermehrte, konnte das nur als zusätzliches Zeichen der Auserwähltheit gesehen werden. Der Kalvinismus passt somit sehr gut zum Kapitalismus und auch zum amerikanischen Erfolgsdenken der Neuzeit.
In Genf, wo Jean Calvins Lehre zu einem totalitären Regime geworden war, herrschte absolute Sittenstrenge, was auch zum Vorteil hatte, dass es so gut wie keine Prostitution, keinen Raub, keinen Parteienzwist, keine Laster im Allgemeinen gab. Reisende die Genf besuchten, berichteten begeistert von den großartigen Zuständen der Stadt und so hatte diese Lehre, zumindest in den Ländern in denen die etablierte christliche Religion ohnehin umstritten war,  eine gute Basis um Fuß zu fassen. Der Kalvinismus hatte dadurch direkten Einfluss auf die gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen in England. Der Einfluß des Bürgertums: Bis in das 18.Jahrhundert beherrschte die höfische Kleidung den allgemeinen Geschmack und war  Ton angebend wie die Gesellschaftsschichten angezogen zu sein haben, zusätzlich waren durch öffentliche Bekleidungsvorschriften die gesellschaftliche Zugehörigkeit abzulesen. Durch die französische Revolution und die mit ihr einhergehende Aufklärung wurde die Bekleidung bürgerlicher, das heißt zweckdienlicher und folglich schlichter. Das Bürgertum war trotzdem darauf bedacht  eine repräsentative  Optik zu wahren, die sich aber von der aristokratischen Optik unterscheiden musste. Bekleidungstechnisch gesehen ist unsere heutige Businessbekleidung sehr stark von einem englischen Stil durchzogen, vor allem die Herrenschneiderei. Das mag folgenden Grund haben: In England hatte sich das puritanische Bürgertum in der glorious Revolution schon 1646 eine demokratische Republik erkämpft und folglich eine Emanzipation vom  Adel, auch modisch, schon früher begonnen als am Kontinent, aber die gesellschaftliche Änderung basierte stark auf einem religiösen Ursprung. Das englische Bürgertum in den größeren Städten, besonders in London, stand nämlich unter starken calvinistischen Einfluss. Der katholische Ritus der anglikanischen Kirche missfiel und sollte von allem papistischen Beiwerk gereinigt werden. Anhänger dieses Glaubens nannten sich Puritaner, oder in Schottland Presbyterianer, deren Macht  und Einfluss im englischen Parlament bis 1625 unaufhörlich stieg. Sie verweigerten die Bewilligung von Steuern und  erreichten, dass keine Steuern ohne parlamentarische Bewilligung eingeführt werden können. Der große Einfluss der Puritaner missfiel wiederum der katholischen Kirche, wie auch den Machthabern und sie wurden nach Parlamentsauflösungen verfolgt, weshalb die Puritaner, jetzt Pilgerväter genannt, sich nach Amerika einschifften. Dort sollten sie die Entwicklung der großen Gesellschaft der USA prägen, auch was den minimalistischen Bekleidungsstil betrifft. In England wollte Charles I., nachdem er die Puritaner so erfolgreich verdrängt zu haben glaubte, nun auch die schottische presbyterianische Kirche bekämpfen. Dazu verbündete er sich mit dem Parlament, weil er Geld für ein Heer brauchte. Allerdings musste er dazu das alte Parlament auflösen und ein neues gründen, es war nämlich nicht bereit sich dem Willen des Monarchen zu beugen. Aber auch das neue Parlament brachte kein Glück, denn noch immer hatte es puritanistische Ambitionen. Es folgte der Bürgerkrieg in England von 1642-1646 zwischen den langhaarigen, gelockten, der höfischen Kleidung treu gebliebenen Royalisten und den einfachst gekleideten Puritanern, mit ihrem dunkeln bis schwarzen Tuchrock, einem hellen Hemd mit Stehkragen und einfacher Halsbinde. Auch wenn das darauf entstandene Commonwealth in Groß Britannien nur 10 Jahre hielt, bewies es der Bevölkerung dennoch: Es geht auch ohne König! Und es stellte die Jahrhunderte alte Tradition, Macht und Einfluss könne nur der haben, der in adeligen Kreisen geboren wurde, in Frage.  Als nach dem Zerfall des Commonwealth die Monarchie, und in weiterer Folge seit 1688/89 die parlamentarische Monarchie  eingeführt wurden, war es auch unter den Adeligen nicht mehr schicklich sich durch allzu „aufgeputzte“ Kleidung, wie sie am französischen Hof getragen wurde, vom Bürgertum abzuheben. Es galt als dekadent und rückständig. „Die sehr stark am Handel orientierte Oberschicht prägte das gesellschaftliche und kulturelle Leben. Ihre Bekleidung entsprach einerseits den Anforderungen des Geschäftslebens, andererseits dem mit Reiten und Jagen ausgefüllten Leben auf dem Landsitz.“ (Loschek 1999, S.60) „Ein repräsentativer Landsitz war Voraussetzung für die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben, nicht zuletzt an der hohen Politik. Das aufstrebende Bürgertum ahmte diesen Stil nach und so entstand das, was man sich landläufig und zumeist nicht ganz falsch unter einem englischen Gentleman vorstellt.“ (Lenius o.J., S.10) Durch die französische Revolution kam es schließlich zu einer Verbindung der englischen mit der französischen Mode. Kleidung war während dieser Zeit Ausdruck politischer Gesinnung. In Südfrankreich trugen die Hafenarbeiter die weiten wadenlangen Hosen der Matrosen, die Matelote, welche später unter der Bezeichnung Pantalon bekannt wurde. Sie wurde  zunächst von den Revolutionären der unteren Stände getragen, später aber von den Jakobinern in abgewandelter Form übernommen. Der Großteil der Jakobiner bevorzugte englische Kleidung dazu zu kombinieren. Der englische Bekleidungsstil war über den Umweg Amerika durch führende Männer der amerikanischen Freiheitsbewegung die in Paris lebten, wie Benjamin Franklin, Thomas Jefferson und Thomas Paine, nach Frankreich gekommen. Es wurde darauf acht gegeben Sparsamkeit und Zurückhaltung durch nicht allzu gepflegtes Äußeres zu vermitteln. Durch diese modische Unsicherheit bezog sich die Herrenbekleidung auch verstärkt auf die Bekleidungsformen der Uniformen. Es entstand also ab dem 19.Jahrhundert, zumindest die Herrenbekleidung betreffend, ein europäisches  Modebild, in dem England Ton angebend blieb. Die weltweite Verbreitung des englischen Bekleidungsstils ist großteils auf die intensive Kolonialpolitik der Engländer zurückzuführen.

 Ästhetische Analyse heutiger Businessbekleidung

 Ab Mitte der 19.Jahrhunderts kam es bekanntlich zu einer zunehmenden Technisierung und Industrialisierung vieler Lebensbereiche. Wer genügend wirtschaftliches Geschick hatte und über die richtigen gesellschaftlichen Kontakte verfügte, konnte es zu etwas bringen. Es war nicht mehr Vorrausetzung für Erfolg, ob man adelig war oder nicht, und das war neu in der Geschichte. Das mag einer der Gründe sein, weswegen sich das Interesse der Männer für modische Entwicklungen in Grenzen hielt. Wirtschaftlicher Erfolg war durch die Arbeit des Kopfes zu erreichen, nicht durch eitles „Balzgehabe“ oder gar durch Abstammung. Zumindest sollte das nicht mehr durch Kleidung signalisiert werden, wie es vor der Revolution durch Kleiderordnungen üblich war. Das Zurücknehmen des Körpers zugunsten des Kopfes durch passende, korrekte und zurückhaltende Kleidung, passte auch gut in diese Epoche, dem Klassizismus. In dieser Zeit besann die Gesellschaft sich abermals auf die antiken Ideale, die durch rationales Denken bestimmt werden. Es geht jetzt nicht mehr um übertriebenes gekünsteltes, adeliges Erscheinen, sondern um noble Bescheidenheit, mit ständigem Verweis auf die Vernunft ohne dabei zu übersehen sich dennoch, oder gerade dadurch, zu repräsentieren. Anne Hollander meint dazu, der männliche Körper würde durch den Anzug zu einer Statue stilisiert, die den antiken Stilmitteln von Einfachheit, gepaart mit subtiler partieller Übersteigerung einzelner Körperpartien, entspricht. (vergl. Hollander 1995, S.112) „Edle Einfalt, Stille Größe“ galt als eines der Grundprinzipien und passte auch perfekt zu der Lebensphilosophie die schon der Kalvinismus  propagierte. In Amerika kumulierten diese Strömungen, von calvinistischem Gedankengut und kapitalistischen Werten, zum American Dream. Es war auch um diese Zeit Mitte des 19.Jahunderts in dem die vielfach bis heute geltenden Bekleidungsvorschriften für Herren von den Schneidern festgelegt wurden um die Zusammenstellung der Bekleidung, für welchen Anlass auch immer, zu erleichtern. Die Kleiderordnungen die also kurz zuvor abgeschafft wurden, kamen so wieder subtil ins gesellschaftliche Spiel, wer dazugehören wollte musste sie kennen.

Zukunft der Businessbekleidung

So setzte sich der Anzug als Das Bekleidungsmuster für den Geschäftsmann bis heute durch. Selbstverständlich erfuhr er unzählige Abänderungen in Länge, Versteifung, Farbzusammenstellung, Formung des Revers oder zugehörigen Accessoires. Geschichtlich gesehen ist der Erfolg des Anzuges in seiner heutigen Optik weitgehend nachvollziehbar. Er wurde aber in der Alltagsbekleidung inzwischen durch eine neue „Uniform“ von Jeans, T-Shirt und Jacke/ Pullover ersetzt. Das mag auf eine höhere Bequemlichkeit dieser Kleidungsstücke und auf das Wegfallen vieler öffentlicher Anlässe, wie der obligatorische Kirchgang, zurückzuführen sein. Außerdem haben sich, wegen der gegenwärtigen Schnelllebigkeit  und der damit verbundenen Enttabuisierung vieler Lebensbereiche, die Anforderungen an die Bekleidung des Alltags und auch in etlichen Berufen geändert, beziehungsweise angepasst. Einzig in der Businessbekleidung für den Mann herrschen nach wie vor beinahe dieselben Dresscodes vor wie vor 200 Jahren, wenngleich sie nicht mehr so streng genommen werden. Warum hat sich aber nicht auch in den Bereichen der Politik und Wirtschaft der Jogginganzug oder zumindest Jeans und T-Shirt durchgesetzt? Analyse des Anzuges auf Eigen- und Fremdwirkung: In jenen Berufsparten bei denen es um rein geistige, sei es spirituelle, künstlerische oder rationale Tätigkeiten  geht, ist ein deutliches Zurücknehmen des Körpers zu beobachten, das eine Betonung des Kopfes zu folge hat. Die geschichtliche Erklärung  dafür ist ja weiter oben angeführt. Dennoch ist die Art und Weise wie das Zurücknehmen erzielt wird formal recht unterschiedlich, vor allem die Silhouette betreffend. Ein Mönch in seinem Ordensgewand erzielt durch die übliche Kutte eine Linie, die den Körper komplett negiert, aber dennoch weicher wirkt, als das heute klischeehafte Künstleroutfit, bestehend aus einer individuellen Zusammenstellung ausschließlich schwarzer Bekleidungsstücke. Hier wird der Körper schon eher ausgestellt oder sogar geformt. In der Geschäftswelt wie in der Politik kommt der Aspekt der Machtdemonstration hinzu. Hier liegt auch der Grund, warum der Anzug nicht von praktischeren und bequemeren Bekleidungsweisen abgelöst wurde und nach wie vor in den meisten westlich orientierten Gesellschaften als das einzige akzeptierte Kostüm, um als Mann im Geschäftsleben auftreten zu können, gilt. In der kollektiven Wahrnehmung gilt er als Zeichen für Kompetenz und Autorität. Warum? Ein Grund dafür könnte in der Tatsache liegen, dass der Grundaufbau des Anzugs sich so lange nicht verändert hat. Er strahlt somit traditionelle Werte aus  und verleiht er dem Träger eine gewisse Standhaftigkeit. Zusätzlich bestärkend wirkt der Vergleich mit der sich schnell verändernden Damenbekleidung, die vor allem heute von den meisten als „Mode“ wahrgenommen wird und medial auch als flatterhaft und oberflächlich kommuniziert wird. Verhältnismäßig marginal und viel ernster erscheint Männerbekleidung in der Öffentlichkeit. In vielen Modehäusern nimmt die Männerabteilung weniger Platz ein als die der Damen und auch die Präsentation ist oftmals um einiges reduzierter. (Nur in der Sportbekleidung, in der die Geschlechter ohnehin nicht so stark differenziert sind, kommt es zu einer Angleichung.) Das Verhältnis von Modezeitschriften für Damen im Vergleich zu Herren ist ebenfalls unausgewogen. Andererseits ist die Bewunderung für die rationale analytische Kunst Herrenschneiderei  viel größer als für jene der Damen. Veränderungen in der Herrenmode bezogen sich schließlich nahezu immer auf Form der einzelnen Teile, selten auf die Oberfläche. Die Damenbekleidung spielte dagegen öfter mit der Verziehung der Oberfläche. Radikal formuliert änderte sie außerdem lange Zeit nur die Grundform der griechischen Tunika ab. Kurz; schon alleine durch den Vergleich von Herren- und Damenmode  schneidet der Bereich der Herren viel seriöser, weil rationaler, ab. Ein wichtiges Attribut in der Geschäftswelt. Das alleine kann aber als Grund für die scheinbare unumstößliche Vorherrschaft des Anzuges nicht ausreichen. Dazu ist es notwendig sich die einzelnen Teile die ein Herrenbusiness-Outfit ausmachen genauer anzusehen und mit den Anforderungen in Politik und Wirtschaft zu vergleichen Männliche Businessbekleidung heute: Das, sich von der dunklen Fläche des Sakkos abhebende helle, Hemd verlängert optisch den Kopf der Person, auch das so entstehende  helle V verstärkt die Wirkung, die schwächer wirkt wenn das Sakko offen getragen wird. Unkorrekte Falten die das Hemd unter dem Sakko bilden würde werden unter der Krawatte verborgen,  nur die planen Flächen des Kragens  und der Hemdsmanschetten bleiben sichtbar. Korrektheit, eine besonders wichtige Eigenschaft im Geschäftsleben findet so in der Bekleidung seinen Ausdruck. Zusätzlich verbreitern  Kragen und Krawatte den  Hals, ein Effekt, der auch bei Tieren (Löwe, verschiedene Vögel, Frösche) zu beobachten ist. Zusammen mit dem Revers des Sakkos sitzt der Kopf somit auf einer kubistisch linearen Konstruktion. Die natürlich geschwungene Form der Schultern  und der Brust wird durch Schulterpolster und Versteifungen begradigt und je nach Mode auch verbreitert. Diese förmlichen Verplattungen, übrigens ebenfalls in der Krawatte wieder zu finden,  dienen als psychologischer Schutz. Der schlabbrige Jogginganzug oder das T-Shirt erfüllen diese Aspekte bei weitem nicht, zumal sie auch jede körperliche Unperfektion zur Schau stellen würden. Im Geschäftsleben  zählen auch kaum primäre sexuelle Aspekte, obwohl das Ausstrahlen von maskuliner Potenz, also Kraft, sehr wohl wichtig ist (breite Schultern, starker Hals). Die primären Geschlechtsmerkmale werden nicht betont. Bis zur Hüftlinie wird der Rumpf zu einer Säule stilisiert. Geschlechtsmerkmale, wie Gesäß oder Schritt sind verdeckt. Auch die klassische Anzughose ist nicht gerade so konzipiert das Gesäß oder den Schritt besonders hervorzuheben. Während früher die Hosenbeine sehr eng an das Bein geschnitten waren, setzte sich eine weitere Hosensilhouette durch, die die Beine zu massiven Säulen stilisierte, die sich proportional ausgewogener zum Sakko verhält. Wolle: Bei Businessanzügen wird, der sich bewusst kleidende Geschäftsmann oder Politiker kaum ein anderes Material als Wolle vorfinden. Wolle erfüllt nämlich auch hier wieder einige Eigenschaften, die für den Businessmann von Vorteil sind. Die geringe Knitteranfälligkeit ermöglicht auch, wenn lange gesessen wurde, stets das korrekte, glatte Äußere, das im Geschäftsleben so wichtig ist. Seidenstoffe kommen aus zwei Gründen, abgesehen vom hohen Preis, nur selten zur Anwendung. Einerseits würden sie  durch den Glanz, den sie häufig aufweisen, wieder zu sehr den Körper in den Mittelpunkt stellen, andererseits lässt sich Seide bei weitem nicht so mühelos durch Dampf formen, wie Wolle. Leinen und Baumwolle können mit den Eigenschaften von Wolle ebenso wenig mithalten. Wolle hat keinen  auffälligen Glanz, sie schlucken das Licht durch die dunkle Farbigkeit und Beschaffenheit, erst die Seidenkrawatte  lässt leichte Lichtreflexe zu, die zum Gesicht  führen. Schließlich kommt  bei richtiger Ärmellänge  des Sakkos auch die wieder abgesteifte Doppelmanschette mit edlen Manschettenknöpfen und die Uhr, als Statussymbol zum Vorschein.   Literaturverzeichnis:  
  • Hollander, Anne: Anzug und Eros. Berlin: Berlin-Verlag 1995
  • Lenius, Oscar: Der stilvoll gekleidete Herr. Ein Ratgeber. Münster, Hamburg, London: LIT-Verlag o.J.
  • Loschek, Ingrid: Reclams Mode & Kostümlexikon. Stuttgart: Reclam 1999
  • National Geographic Society/ Newman, Cathy: National Geographic. Fashion. Washington, D.C.: National Geographic Society 2001
  • Olàh, Thomas: Ares und das Band der Charis. Manfred Wagner (Hg.). Wien: Präsens Verlag 2008
  • Piras, Claudia/ Roetzl, Bernhard: Die Lady. Handbuch der klassischen Damenmode. 2.Auflage, Köln: DuMontmonte 2002
  • Scheipl, Josef; Scheucher, Alois; Wald, Anton, u.a.: Zeitbilder 6. 1.Aufl., Wien: ÖBV Pädagogischer Verlag 1995
  • Schwanitz, Dietrich: Bildung. Alles was man wissen muss. 10. Auflage, München: Wilhelm Goldmann Verlag 2002
  • Seeling, Charlotte: Mode. Das Jahrhundert der Designer. Köln: Könemann 1999